
Michael Koglin
Über den Autor
Michael Koglin, 1955 in Büdelsdorf (Schleswig-Holstein) geboren, lebt seit 1973 in Hamburg. Vor, während und nach dem Studium betätigt er sich u. a. als Lagerarbeiter, Reißwolfbediener, Videofilmvorführer, Kraftfahrer, Bildungsarbeiter, Schauermann, Politologe, Friedensforscher, Kaffeeröster, Preisauszeichner und Aushilfsgärtner in einem Zen-Kloster. Neben Kriminalromanen verfasst er Kurzgeschichten, Theaterstücke, Drehbücher, Kinder- und Sachbücher. Mehrfach ausgezeichnet mit Literaturpreisen.
Interview
Michael Koglin, Ihre skurrile Geschichte „Dinner for One - Killer for Five“ ist als Buch ein Riesenerfolg. Bitte erzählen Sie unseren Lesern kurz, worum es geht?
An Miss Sophies Geburtstagstafel herrscht ja ein eklatanter Mangel an Gästen. Ich habe mich gefragt, was dahinter steckt. Bei meinen Recherchen bin ich dann auf ein blutrünstiges Geheimnis gestoßen. Nein, die Herren Sir Toby, Admiral von Schneider, Mister Pommeroy und Mister Winterbottom haben keineswegs freiwillig die Tafel verlassen. Dahinter steckt die verzehrende Liebe eines Butlers und die Tageslaunen einer englischen Lady, die selbst Lady Macbeth das Grausen lehren würde. Wenn ich da nur an den Mord mittels eines Haifischgebisses denke … Die Forensiker werden sich die Haare raufen. Spätestens, wenn Admiral von Schneider unter einem Panzer das Zeitliche segnet. Aber wir haben auch Giftpfeile oder mörderische Polobälle … na ja, was eine Lady oder ein Butler eben so zur Hand haben …
Alle, die den Fernsehklassiker „Dinner for One oder der 90. Geburtstag“ mit dem englischen Komiker Freddie Frinton und seiner Partnerin May Warden kennen, ahnen, wer die vier Opfer sind. Aber wer ist das fünfte?
Nur so viel: Es ist nicht der Tiger. Der ist eher so eine Art Tatwerkzeug und der Einzige in der Runde, der ganz friedlich an Altersschwäche verschieden ist. Er kaut gern an Knochen, wissen Sie. Mit so einem Oberschenkel kann der sich eine ganze Woche beschäftigten …
Sie sind uns ja ein Stück voraus und haben das neueste Hörbuch von vitaphon bereits gehört, wie gefällt Ihnen die frisch produzierte Audio-Version ihres Krimis?
Das ist eine kongeniale Umsetzung durch Mechthild Großmann. Keine Frage: Jan Josef Liefers und Axel Prahl aus dem Münsteraner Tatort werden blass sein vor Neid auf ihre Kollegin Staatsanwältin. Ich hoffe nur, dass die Nerven der Zuhörer diesem Drama und den Gedanken dieses Butlers mit seinen Alkoholproblemen und dem Hass auf die Standesunterschiede gewachsen sind.
Frau Großmann lesen zu lassen ist ja einerseits eine großartige Idee, andererseits aber auch ein bisschen mutig, oder?
So ein Kult wie „Dinner For One“ braucht eine Stimme, die sich von allen Stimmen der Bundesrepublik unterscheidet. Eine, die man unter Millionen erkennen würde. Insofern ist die Wahl von Mechthild Großmann nicht mutig, sondern ein absoluter Glücksfall. Das ist ein neues Kapitel in der Hörbuchgeschichte. So eine vom Leben waidwund geschossene Whisky-Stimme, wie sie eben dem verliebten James gebührt, das kann nur Mechthild Großmann. Falsch: Das muss Mechthild Großmann machen.
Wie wir wissen, gibt es zwei weitere Romane um „Dinner for One“, haben Sie die Absicht diese beiden ebenfalls als Hörbuch umsetzen zu lassen?
Unbedingt. Und wenn ich zum Whisky-Wetttrinken mit Mechthild Großmann antreten muss. Schließlich gibt es ein Recht darauf zu erfahren, wie James eigentlich Miss Sophie kennengelernt hat. So ein verliebter Butler kann sich da schon mal an der Ruderanlage eines Ozeandampfer zu schaffen machen.
Ein Ozeandampfer?
Ja, traurig nicht? Genau genommen ist der Untergang der Titanic nichts anders als der Kollateralschaden, den ein in Liebe entflammter Butler angerichtet hat. Ja, James und Miss Sophie haben ein trauriges Kapitel zur Weltgeschichte beigesteuert. Und das mit dem „Steuern“ ist wörtlich gemeint. Der Titanic-Regisseur James Cameron hat das ja verschwiegen. Den Amerikanern war das dann wohl doch zu heftig.
Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Wie werden Sie Silvester verbringen?
Ich werde im Gespräch mit einem Single Malt darüber nachdenken, ob nicht in uns allen ein liebesverrückter Butler zugange ist. Irgendwo. Und ob wir ihn zähmen können. Und dann höre ich mir „Brother in Arms“ von den Dire Straits an und nippe am Glas.
Das Gespräch führte Susanne Kramer